INGEDE News November 2022: ...

INGEDE-Symposium:
Den Deinkern gehen die weißen Recyclingfasern aus

Der Verbrauch und damit die Verfügbarkeit grafischer Produkte sind weiter rückläufig. Gleichzeitig werden weiße Recycling­fasern nicht nur in grafischen Produkten zunehmend genutzt. Mit dem Versorgungs­engpass bei grafischen Altpapieren und dessen Ursachen befasste sich unter anderem das diesjährige INGEDE-Symposium am 9. März in München.

Eine Zusammenfassung des Symposiums von Marc Szombathy (EU Recycling)

Die Fachtagung der Deinkingbranche im Haus der Bayerischen Wirtschaft fand erstmals im Hybridformat statt. „Verfügbarkeit“ und „Qualität“ waren die Schlüsselthemen der Veranstaltung mit schätzungsweise 50 Teilnehmenden im Auditorium. Denn die recycelnde Papierindustrie braucht dringend Rohmaterial: Seit Jahren sinken die Mengen an grafischem Altpapier und schwindet dessen
Qualität, die in den Papierfabriken ankommt. Die Corona-Pandemie und aktuell auch der Krieg in der Ukraine haben diesen Trend verstärkt. Es werden weniger Zeitungen und Printmagazine gelesen und dafür mehr Online-Medien konsumiert.

Allerdings profitieren diese Angebote nicht von mehr Werbung, wie Ralph Dittmann (WKS Druckholding GmbH) in seinem Vortrag auf dem INGEDE-Symposium bestätigte: Trotz Internet & Co. mit Newslettern und  Werbemails behauptet sich die Prospektwerbung. Die Herausgeber setzen weiter auf Print und den Postversand an Haushalte. Printwerbung ist nach wie vor die erfolgreichere Werbung.

Studien belegen, dass gedruckte Prospekte, Broschüren, Beilagen, Anzeigenblätter oder Flyer von den Verbrauchern am meisten wahrgenommen werden. „Im Lebensmittelhandel ist der gedruckte Prospekt mit einem Werbebudget-Anteil von gut 50 Prozent Leitmedium im Mediamix“, zitierte Dittmann eine Untersuchung des EHI-Instituts von 2021: „70 Prozent der befragten Marketing­verantwortlichen des Lebensmittelhandels halten den Prospekt auch künftig für unverzichtbar, weil er effektiv ist, eine große Reichweite hat und ein umfangreiches Produktangebot auf einen Blick präsentieren kann.

Den Vortrag von Ralph Dittmann (WKS) gibt’s auf YouTube:

Axel Fischer (INGEDE) und Ralph Dittmann (WKS)
Axel Fischer und Ralph Dittmann
(Foto: M. Szombathy)

Aktuelle Meldung zum Thema gedruckte vs elektronische Webung:

 

(Quelle: …)

Victor Reutenauer (Fotonower)
Victor Reutenauer (Bild: A. Fischer)

Eine Diskussion über das Thema Papier­knappheit auch auf der (amerikanischen) Webseite PrintPlanet.

bvdm Carbon Footprint von Druckprodukten

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Prof. Christina Dornack | Umweltwissenschaftlerin | Wie können wir das Plastikmüll-Problem lösen?

Neu im INGEDE-Vorstand:
Dr. Matthias Friedrich und Andreas Rauscher

Zwei neue Vertreter der Mitgliedsfirmen ersetzen die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Manfred Geistbeck und Michael Söffge. Rauscher wurde von der Mitgliederversammlung zum stellvertretenden Vorsitzenden der INGEDE gewählt

Die Mitgliederversammlung der INGEDE wählte Andreas Rauscher (Steinbeis Papier) und Dr. Matthias Friedrich (Stora Enso) neu in den Vorstand. Rauscher wurde gleichzeitig zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, Dr. Thomas Krauthauf (UPM) im Amt als erster Vorsitzender bestätigt.

Andreas Rauscher ist seit Februar 2022 technischer Geschäftsführer bei Steinbeis Papier. Er verantwortet die Bereiche Technik, Produktion sowie Forschung und Entwicklung. Er trat mit allerhand Erfahrungswerten aus der Papierbranche in Glückstadt an: Zuletzt war der 56-jährige für die Zellstoff Pöls AG tätig. Bei dem österreichischen Unternehmen führte er ab Mitte 2018 als CEO die Zellstoffproduktion und Produktion von Kraftpapier.

Nach dem Studium zum Diplomingenieur Verfahrenstechnik konnte sich Rauscher als Experte und Führungskraft in unterschiedlichen leitenden Funktionen etablieren: Der Einstieg gelang ihm bei MD Papier in Plattling. Sein Weg führte ihn weiter zum UPM Konzern erst nach Steyrermühl, bald darauf übernahm er am Standort in Schwedt den Werksleiterposten. Als Technischer Geschäftsführer in einem Werk der delfortgroup in Finnland konnte er seine Führungsstärke und sein technisches Know-how unterstreichen. So empfahl Andreas Rauscher sich auch für die Geschäftsführerposition bei Steinbeis Papier – und damit auch als stellvertretender Vorsitzender der INGEDE, wo er unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Matthias Friedrich studierte Maschinenbau in Aachen und promovierte dort nach einer Masterarbeit am Fraunhofer Resource Center in Massachusetts (USA). Er begann bei Stora Enso zunächst im Werk Maxau (Karlsruhe), dann zwei Jahre in China bei Stora Enso Huatai (Shandong) Paper, Dawang. Danach wurde er Director Business Development & Investments bei der Abteilung Publication Paper in Düsseldorf und qualifizierte sich berufs­begleitend im Rahmen einer Executive MBA Study an der TiasNimbas Business School in Eindhoven (Holland) und der Bradford University (UK). Seit 2016 ist er Senior Vice President, Head of Operations Paper Division, bei Stora Enso in Düsseldorf.

Den Dialog intensivieren

Gemeinsames Ziel der INGEDE-Mitglieder ist es, die Wiederverwertbarkeit graphischer Druck­produkte zu erhalten und zu verbessern. Das heißt in der Praxis, diese Druckprodukte sollen als Rohstoff zur Herstellung weißer, meist graphischer Papiere dienen. Das wiederum setzt die Verwendung recyc­ling­gerechter (deinkbarer) Druckfarben, Druck­systeme und Klebstoffe voraus. Im Vorstand der INGEDE werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass der Dialog mit den Herstellern von Druckerzeugnissen, Druck­systemen und Druckfarben sowie von Kleb­stoffen aufrechterhalten und intensiviert wird, und dass das gemeinsame Verständnis für die Rezyklierbarkeit weiter verbessert wird.

Andreas Rauscher

Der strukturelle Rückgang von grafischen Papieren und die immer schwierigere Versorgung mit geeignetem Altpapier für neues grafisches Papier macht es für alle Marktteilnehmer entscheidend, die Recycling­raten hoch zu halten und konsequent „end of waste“ Prinzipien umzusetzen. Die INGEDE leistet hierbei einen wertvollen Beitrag, Interessen zu kanalisieren und zu formulieren.

Für Stora Enso ist die INGEDE wichtig, um die Rezyklierbarkeit von Papier- und Karton­produkten weiterhin sicherzustellen und gemeinsam mit unseren Kooperations­partnern zu verbessern.

Matthias Friedrich

Umweltfreundlich weil ohne Bisphenol, aber trotzdem NICHT ins Altpapier: der "Ökobon"

Kein Blauer Engel für blaue Kassenzettel

Die Jury Umweltzeichen hat auf ihrer Wintersitzung am 7./8. Dezember 2021 Kriterien für drei neue Umweltzeichen beschlossen, darunter ein neues Umweltzeichen für Thermopapiere.

Primäres Ziel des neuen Umweltzeichens ist der Verzicht auf chemische Farbentwickler, die gesundheitlich oder aus Umweltsicht bedenkliche Stoffe enthalten.

Allerdings gibt es noch keine Thermopapiere, die die Anforderungen des neuen Blauen Engels erfüllen.

Eine umfangreiche Untersuchung der INGEDE zu den neuen, farbentwicklerfreien Kassen­zetteln (“Ökobon”) belegte Beobachtungen, über die hier schon mehrfach berichtet wurde (INGEDE News Februar 2020): Die blauen Kassenzettel dürfen entgegen den Behauptun­gen von Lidl, Edeka & Co. nicht ins Altpapier!

Ein einziger Kassenzettel (1,5 Gramm) genügt nach aktuellen Untersuchungen der INGEDE, um drei Kilogramm weißen Altpapiers gleich um drei Punkte in der Helligkeit zu verschlech­tern, da sich der schwarze Farbstoff beim Recycling nicht ausreichend entfernen lässt.

Auf der Webseite des Umweltbundesamtes findet sich in der Rubrik “Vergabekriterien” zwar ein allgemeiner Text zum neuen Blauen Engel “Umweltfreundliche Thermopapiere DE-UZ 223”), die beschlossenen Kriterien jedoch noch nicht. Darin wird auf Bestreben der in der INGEDE zusammengeschlossenen Papierfabriken festgehalten, dass nur solche Thermo­papiere einen Blauen Engel erhalten können, welche das Papierrecycling nicht beein­träch­tigen.

Update 7. April 2022: Die Kriterien für einen Blauen Engel für Thermopapiere wurden jetzt auf der Webseite des Blauen Engels veröffentlicht.

Schon 2019 zeigten Experimente, dass sich die schwarze Farbe aus den blauen Kassenzetteln beim Recycling nicht entfernen lässt.

Stimmt und stimmt nicht: 

Ja, der blaue Kassenzettel enthält keine chemischen Farbentwickler. Aber nein, der blaue Kassenzettel sollte auf keinen Fall mit dem Altpapier entsorgt werden! Der schwarze Farbstoff führt zu massiven Helligkeitsverlusten beim Recycling.

Deshalb: Blaue Kassenzettel (“Ökobon”) gehören wie alle anderen Thermopapiere in den Restmüll!

UP = undeinkter Stoff (rechts), DP = deinkter Stoff

Wo das Papier hingeht:
Die Print-Reichweiten der aktuellen Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA)

Das Institut für Demoskopie Allensbach bescheinigt der Mehrzahl der Zeitschriften und Zeitungen in ihrer Analyse AWA 2022 rückläufige Reichweiten. Nur neun der Top-50-Magazine gewannen dazu. Bei den Tageszeitungen gewann nur das „Handelsblatt“, deutliche Verluste gibt es für „Bild“ und die Regionalzeitungen.

Mehr dazu: Meedia.de

Bild: Fischer/INGEDE

“Elektronische Medien sind nur manchmal ökologisch vorteilhaft.” Unter diesem Titel veröffentlichte der VDMA als Auftraggeber die IZT-Studie zum ökologischen Vergleich von Print- und Online-Medien. Vor der Publikation dieser Studien im Jahr 2012 lagen konkrete Daten über die Umwelteffekte der digitalen Mediennutzung kaum vor. Vor diesem Hintergrund untersuchte das IZT verschiedene elektronische Medien und Druckmedien hinsichtlich ihrer Umweltbelastungen in der Herstellung, Distribution, Nutzung und Entsorgung. Vier Medienvergleiche fanden statt: 1. Buch versus E-Book, 2. Tageszeitung (“Die Süddeutsche”) versus Online-Zeitung, 3. Printkatalog (“Otto”) versus Online-Katalog, 4. Lehrbuch versus Online-Bibliothek. Mehr dazu hier.

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