INGEDE News
Januar 2020
- Veranstaltungskalender
- Papier und Druckerzeugnisse sind nachhaltig –
wenn sie recyclebar sind:
Kapitel 4. Graspapier macht Grasflecken beim Papierrecycling - Ausgezeichnet – Blauer Engel, EU Ecolabel, Österreichisches
Umweltzeichen - INGEDE-Symposium 2020 am 25. März in München
- Europäischer Papierrecycling-Preis in Brüssel verliehen
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Wie Druckerzeugnisse rezyklierbar werden (und bleiben)
Druckerzeugnisse befinden sich in zunehmendem Wettbewerb mit den elektronischen Medien. Nicht wenige Menschen glauben, eine Zeitung am Bildschirm zu lesen, sei nachhaltiger als auf Papier. Dass dies ein Irrglaube ist, zeigen zahlreiche Ökobilanzen, siehe auch INGEDE News im Oktober.
Große Unternehmen behaupten gegenüber ihren Kunden, ein Verzicht auf Kontoauszüge, Telefon- und andere Rechnungen und andere Informationen auf Papier schone die Umwelt – in Wirklichkeit schont der Absender damit seinen Geldbeutel vor allem durch die Portoersparnis. Mehr dazu – und zum Thema Plastikfolien und Biofolien – in den INGEDE News vom November.
Den ökologischen Vorteil behalten Papierprodukte nur solange das Recycling funktioniert – und dazu müssen die Auftraggeber und Inverkehrbringer von Druckprodukten verstärkt darauf achten, recyclingfreundlich zu produzieren.
Graspapier macht Grasflecken beim Papierrecycling: Die Werbe-Webseite für Graspapier wirbt damit, Graspapier sei recyclebar. Doch diese Werbung ist zumindest irreführend, die Angaben auf der Webseite in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Mit Graspapier wird „die Papierwelt ein wenig grüner“ – in der Tat.
Graspapier ist mit Heu verdünnter Zellstoff. Gras enthält viel Siliciumdioxid und ist kein Faserstoff wie Holz, der einen wesentlichen Beitrag zu den Festigkeitseigenschaften von Papier leisten würde, lediglich ein Streckmittel. So wie Mehl oder Zucker im Rauschgift, nur nicht so hell.
Heu enthält braune Farbstoffe, die nach dem Trocknen und dem damit verbundenen Abbau des Blattgrüns (Chlorophyll) zum Vorschein kommen. Das für Graspapier eingesetzte Heu verschlechtert deshalb die Helligkeit und hinterlässt dunkle Flecken.
Unter den Zertifikaten wirbt die Werbe-Webseite mit dem Satz „Die Recyclingfähigkeit von Graspapier wird bestätigt“ und einem „Papiertechnischen Institut München“. Ein Papiertechnisches Institut München gibt es allerdings nicht. Es gab einmal die Papiertechnische Stiftung in München. Ein Schreibfehler. Doch das verlinkte Zertifikat bezieht sich auf die „AUSWIRKUNGEN VON GRASPAPPE AUF DAS PAPIERRECYCLING“. Graspappe, nicht Graspapier. Es geht um „aus Graspappe hergestellte Packmittel“. Ein wichtiger Unterschied.
Aber auch bei Verpackungen stören die Grasflecken. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass „aufgrund optischer Inhomogenitäten im aufbereiteten Faserstoff (…) das Muster insgesamt als bedingt rezyklierbar bewertet“ wird.
Selbst in der Pappenproduktion stellen die mangelnden Festigkeitseigenschaften der Graspappe beim Recycling bei einer zu hohen Dosierung ein Problem dar. Die Bewertung stellt fest, dass Graspappe „nur unkritisch für den Recyclingprozess ist, wenn ein konzentrierter Eintrag in einzelne Altpapierströme vermieden wird“.
Fazit: Graspapier führt zu Grasflecken und verringert die Festigkeit. Damit ist es für ein Recycling zu grafischem Altpapier ungeeignet und im Altpapier aufgrund der Gefahr der Verwechslung mit hellem Altpapier unerwünscht.
Axel Fischer
Graspapier: Weiß ist nur, was mit weißer Farbe überdruckt wurde
Umweltzeichen:
Engel und Blumen sollen Vertrauen schaffen
Ein Ökolabel soll dem Kunden signalisieren, dass er dem Produkt vertrauen kann. So soll die Distanz zwischen Verbraucher und Erzeuger überbrückt werden, denn würde man sich kennen, wäre kein Label nötig. So ist es auch mit dem Blauen Engel und anderen Auszeichnungen für Druckerzeugnisse: Sie sollen Vertrauen schaffen. Deshalb legt man bei Umweltbundesamt und RAL viel Wert auf eine regelmäßige Überarbeitung. Seit dem 1. Januar 2020 gelten neue Regeln für „Recyclingpapier“ (DE-UZ 14a) und „Fertigerzeugnisse aus Recyclingpapier für den Büro und Schulbedarf“ (DE-UZ 14b). Das Europäische Umweltzeichen für Druckprodukte wird gerade grundlegend überarbeitet.
Der Blaue Engel für Druckerzeugnisse (DE-UZ 195)
Beim ökologischen Systemvergleich schneiden Papierprodukte aus Altpapier hinsichtlich Ressourcenverbrauchs, Abwasserbelastung, Wasser- und Energieverbrauch wesentlich günstiger ab als Papierprodukte mit überwiegendem Primärfaseranteil.
Vergabekriterien, Antragsunterlagen und Online-Antrag auf der Webseite des Blauen Engels.
Hier finden Sie auch eine Liste aller bisher mit dem Blauen Engel ausgezeichneten Druckerzeugnisse.
Um mit dem Blauen Engel ausgezeichnet werden zu können, müssen Druckerzeugnisse nach den Vorgaben des Europäischen Altpapierrats (EPRC) deinkbar sein (Deinkability Scorecard); Klebstoffapplikationen müssen entfernbar sein (Removability Scorecard). Hier sind schon eine Reihe von Klebstoffen als entfernbar eingestuft. Bei der Überarbeitung des Blauen Engel in diesem Jahrist vorgesehen, entsprechend der Scorecard und den bisherigen Erfahrungen gut entfernbare Klebstoffe von einem Test nach INGEDE-Methode 12 auszunehmen.
Die Deinkbarkeit bzw. Entfernbarkeit werden nach den jeweiligen INGEDE-Methoden bestimmt. Bei Fragen zum Test nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf!
Der Blaue Engel für Recyclingpapier (DE-UZ 14a)
Ziel des Umweltzeichens für Umweltfreundliches Recyclingpapier: „Die Anforderungen dieser Vergabekriterien zielen insbesondere darauf ab, die Verwendung unterer und mittlerer Altpapiersorten zu fördern und technisch nicht notwendige Stoffe bei der Produktion zu vermeiden.“
Untere und mittlere Sorten bedeutet, dass hier Altpapier aus der haushaltsnahen Sammlung als Rohstoff eingesetzt werden soll, aus dem die Druckfarbe entfernt wird – in einer Deinkinganlage. Hochweiße Recyclingpapiere, die überwiegend aus unbedruckten Papierresten aus der Papierverarbeitung hergetellt werden, erfüllen diese Kriterien nicht.
Seit 2020 gilt dieser Blaue Engel für alle grafischen Papiere und Kartone (für grafische Papiere bis 75 g/m² gilt das DE-UZ 72). Der maximale Weißegrad wurde auf 100 % (inklusive UV-Anteil) festgelegt, ein sehr helles Cremeweiß, das jedoch kein Schneeweiß ist: Man soll gerade noch sehen, dass es sich um ein Recyclingpapier handelt. Optische Aufheller sind bis auf bestimmte schwere Papiere ausgeschlossen. Damit soll dem Trend zu noch höheren Weißen, die nur noch durch Zusatz von optischen Aufhellern oder Zumischung von unbedruckten Fabrikationsabfällen erreichbar sind, entgegengesteuert werden.
Neben Bisphenol A soll zum Zwecke des Monitoring auch Bisphenol S gemesen werden. Hintergrund ist der zunehmende Einsatz von Bisphenol S in Thermopapieren anstelle des seit 1. Januar 2020 verbotenen Bisphenol A. Nicht nur das Umweltbundesamt sieht auch den Einsatz von Bisphenol S kritisch. In der Schweiz ist Bisphenol S ab 1. Juni 2020 verboten.
Die Neufassung des Blauen Engel für Recyclingpapier soll bis 31. Dezember 2024 gelten und ist auf der Webseite des Blauen Engel verfügbar.
Der Blaue Engel für Fertigerzeugnisse aus Recyclingpapier
(DE-UZ 14b)
Knapp hundert Anwender haben derzeit den Blauen Engel DE-UZ 14b mit mehr als 200 Produkten lizensiert. Der Titel, bisher „Umweltfreundliche Fertigerzeugnisse aus Recyclingpapier für Büro und Schule“, wird mit der Neufassung erweitert.
Bisher steht in den Vergabekriterien unter 3.8, das Fertigerzeugnis „soll deinkbar und gegebenenfalls vorhandene Klebstoffapplikationen sollen abtrennbar sein“ – ab sofort ist dies keine Empfehlung mehr, sondern ein Muss. Dabei wurden Ergebnisse eines UBA-Forschungsprojekts aufgenommen und Schmelzklebstoffe (Hotmelts) unter bestimmten Voraussetzungen von der Verpflichtung zum Test befreit. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, an dem auch die INGEDE beteiligt war, sollen demnächst veröffentlicht werden.
Die Neufassung des Blauen Engel für Fertigerzeugnisse aus Recyclingpapier soll bis 31. Dezember 2024 gelten und wird demnächst auf der Webseite des Blauen Engel veröffentlicht.
Das Europäische Umweltzeichen für Druckprodukte
Umweltfreundliche Druckprodukte — was zeichnet sie aus? Das Europäische Umweltzeichen (EU Ecolabel) definiert seine eigenen Kriterien hierfür (EU Commission decision of Aug 16, 2012).
Die Antragsunterlagen finden Sie hier:
www.eu-ecolabel.de/produktgruppen-kriterien.html
Das Österreichische Umweltzeichen für Druckprodukte
Das Österreichische Umweltzeichen zählt zu den Pionieren auf dem Sektor Druckprodukte – hier wurde erstmals konsequent die Deinkbarkeit bei der Zertifizierung verlangt. Da das Umweltzeichen Voraussetzung bei der öffentlichen Beschaffung (Vergabe von Druckaufträgen) ist, gehört es bei Druckereien in Österreich quasi zum guten Ton. DEshalb wurde insbesondere eine Vielzahl von Digitaldruckmaschinen zuerst für das Österreichische Umweltzeichen auf Deinkbarkeit getestet und zertifiziert.
“Druckereien, die das Österreichische Umweltzeichen tragen, verwenden nur umweltfreundliches Papier sowie Toner und Druckfarben, die sich beim Recycling nachweislich vom Altpapier ablösen lassen. Folien und Klebstoffe, die den Prozess stören, sind nicht erlaubt.” (www.umweltzeichen.at)
Österreichisches Umweltzeichen für Druckerzeugnisse (UZ24), Kurzfassung
Österreichisches Umweltzeichen für Druckerzeugnisse (UZ24), Langfassung
Das Koreanische Umweltzeichen für Druckprodukte
Es gibt auch in Südkorea ein Umweltzeichen für Druckprodukte. Konkrete Anforderungen in Sachen Bewertung der Deinkbarkeit sind hier nicht zu erkennen, allerdings gibt es eine an die INGEDE-Methode 11 angelehnte Untersuchungsmethode.
Das Umweltzeichen (UL 553) für Druckprodukte schließt eine Reihe das Recycling beeinträchtigender Komponenten aus:
4.5 Printed material recyclability
Regarding printout recycling, following standards should be applied.
- a) The printout cover should not use film or sheet of synthetic resigns, fabric and felt of synthetic fiber and non-aqueous laminated film(coating). But the cover provided separately to bind together serials for long-term preservation purposes is excluded.
- b) when being printed, metal printing (gilt and silver gilt) and discharging and UV ink should not be used.
- c) only hot melt adhesives such as bookbinding, improved EVA uncrushable, polyurethane shall be used
- d) Printout shall not be used with colored papers including white papers and paints.
KEIN INGEDE-Symposium am 25. März 2020 in München
Wegen der verschärften Reisebeschränkungen bei unseren wichtigsten Mitgliedern wäre eine Teilnahme für viele Interessenten inklusive einiger Referenten nicht mehr möglich. Deshalb fällt das INGEDE-Symposium in diesem Jahr aus.
Die Welt des Papierrecyclings trifft sich jedes Jahr in München: Das INGEDE-Symposium ist weltweit die einzige Veranstaltung, die alle Aspekte des Themas Papierrecycling abdeckt, von der Rezyklierbarkeit über die Altpapiererfassung bis zum Deinkingprozess. Angesichts steigender Mengen an weißen Verpackungen geht es für die Deinker – nicht nur auf dem Symposium – auch um die Frage: Wie kann die Papierindustrie von der neuen Verpackungsgesetzgebung profitieren?
Hier finden Sie das vorläufige Programm des Symposiums.
European Paper Recycling Award in Brüssel verliehen
Preisverleihung im Europaparlament in Brüssel: Den diesjärigen Europäischen Papierrecycling-Preis (Paper Recycling Award) erhielten das deutsche Unternehmen Repulping Technology GmbH & Co. KG für seine technischen Entwickungen und der internationale Verband Pro Carton für Information und Aufklärung über Papierrecycling und Kreislaufwirtschaft.
Die Preisverleihung fand am 21. Januar 2020 im Europäischen Parlament in Brüssel statt, Gastgeberin war Jytte Guteland, Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit des Europäischen Parlaments.
Das TICCIT-Schulbildungsprogramm wurde vom Paperboard Packaging Council in den USA mit dem Ziel gegründet, Kinder eingehender über Faltschachteln, Recycling und Umwelt zu unterrichten. Pro Carton brachte TICCIT 2018 nach Europa, wo an die 50 Lehrgänge durchgeführt wurden – in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und der Türkei.
Hier finden Sie mehr Informationen über Preisträger und Preisverleihung.
Ein Video von der Preisverleihung finden Sie hier.