INGEDE News März 2023: Woraus machen wir in Zukunft Papier? Verfügbarkeit und Qualität von Altpapier auf dem INGEDE-Symposium
- Veranstaltungskalender
- INGEDE-Symposium 2023
- Der Entwurf der neuen europäischen Verpackungsgesetzgebung
- Weiße Verpackung für hochwertiges weißes Papier nutzen
- Regionalität auch bei Papierrecycling und Recyclingpapier
- Keine Zukunft für BILD und WELT auf Papier?
- Das Blaue vom Himmel – Ökobon in den Restmüll!
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INGEDE-Symposium:
Woraus machen wir in Zukunft Papier?
Der Verbrauch und damit die Verfügbarkeit grafischer Produkte sind weiter rückläufig. Gleichzeitig werden weiße Recyclingfasern nicht nur in grafischen Produkten zunehmend genutzt. Mit dem Versorgungsengpass bei grafischen Altpapieren und dessen Ursachen befasst sich unter anderem das diesjährige INGEDE-Symposium am 8. März in München.
Die Altpapier-Zusammensetzung hat sich verändert
Nicht mehr neu: Der Verbrauch und damit die Verfügbarkeit grafischer Produkte für das Recycling nehmen kontinuierlich ab. Was wächst? Was schrumpft? Und wer braucht welche Fasern? Antworten auf diese Fragen will Arne Kant liefern, Berater bei AFRY Management Consulting in München. Die Umstellung graphischer Papiermaschinen auf Verpackung sieht er als weiter anhaltenden Trend. Und da der Anteil der grafischen Papiere an der gesamten gesammelten Altpapiermenge sinkt, kann die Sortierung, selbst wenn sie sich verbessert, unrentabel werden.
Welche Auswirkungen hat die EU-Verpackungsrichtlinie?
Die Europäische Kommission hat eine neue Verpackungsverordnung vorgeschlagen mit Zielen zur Verpackungsvermeidung, Wiederverwertung und vielen weiteren.
Welche Auswirkungen hat das auf Altpapiersammlung und Rezyklierbarkeit? Was für Industrieinitiativen gibt es? Damit setzt sich Ulrich Leberle (Cepi, Brüssel) auf dem Symposium auseinander. In einem Positionspapier zur Überarbeitung der Richtlinie spricht sich die Cepi (der Verband der Europäischen Papierindustrie) gegen eine Wiederverwendung um jeden Preis aus, wenn funktionierende Recyclingsysteme existieren. Erneuerbare und recycelte Inhalte sollten bei der Erreichung der Kreislaufwirtschaftsziele gleichermaßen berücksichtigt werden. Die getrennte Sammlung schließlich sieht die Cepi als Schlüssel zu einer weiteren Steigerung der Recyclingquoten und der Akzeptanz von recycelten Inhalten.
Nach der Veröffentlichung des Vorschlags über Verpackungen und Verpackungsabfälle wird dieser im nächsten Schritt vom Europäischen Parlament und vom Rat beraten. Weitere Informationen und eine Zusammenstellung von FAQs finden Sie auf den Webseiten der EU-Kommission.
Das neue Verpackungsgesetz
Das deutsche Verpackungsgesetz (VerpackG) setzt die europäische Verpackungsrichtlinie 94/62/EG in deutsches Recht um. Es regelt das Inverkehrbringen von Verpackungen sowie die Rücknahme und hochwertige Verwertung von Verpackungsabfällen. Das Gesetz löste 2019 die bestehende Verpackungsverordnung (VerpackV) ab und wurde 2021 novelliert. Das VerpackG2 gilt seit dem 3. Juli 2021 – und nur in der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz in 60 Sekunden …
Aktuelle Meldung zum Thema Werbepost:
Das Justizministerium hat das Ansinnen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Werbepost nur auf ausdrückliche Bestellung zu erlauben („Opt-in-Regelung“), auch im zweiten Anlauf vorläufig zurückgewiesen. Erst in der kommenden Legislaturperiode soll über eine Gesetzesänderung entschieden werden.
Werbepost sei beispielsweise für den stationären Handel „ein wichtiges Instrument der Absatzförderung“. Darüber hinaus könne eine Opt-In-Regelung auch die Pressefreiheit betreffen, wenn etwa Anzeigenblätter mit redaktionellem Teil von einem Verbot erfasst würden.
(Quelle: dpa,
beispielsweise via Süddeutsche Zeitung)
Auch Verpackungen sind Rohstoff:
Weiße Fasern vor dem Downcycling bewahren!
Die Plastikphobie treibt die merkwürdigsten Blüten, sowohl was die Regulierung betrifft wie auch die Verpackungen selbst. Mit prozentualen Regelungen lässt sich ein Schächtelchen grünwaschen, auch wenn es in Wirklichkeit nur noch für den Ofen taugt. Multiple Barrieren, die zusammen weniger als fünf Prozent einer Packung ausmachen, können die mehr als 95 Prozent Fasern komplett unzugänglich oder unbrauchbar machen. Auf dem INGEDE-Symposium werden Probleme und Lösungen diskutiert.
Was will der Kunde? Verbraucher wollen wenig Arbeit, geringe Kosten, und trotzdem ein gutes Gewissen. Auf jeden Fall eine recyclingfähige Verpackung. Da lässt sich manch einer schnell blenden und entscheidet nach dem Aufdruck „recyclingfähig“ – ohne zu wissen, ob diese Verpackung nun auf Mineralöl basiert oder auf nachwachsenden Rohstoffen. Und selbst dann muss sie nicht gleich gut rezyklierbar sein.
Kein Plastik ist auch eine Lösung
Für Juergen Schwald vom Wiesbadener Verpackungsentwickler BMS Papier Concept der richtige Weg sind Verpackungen, die nicht getrennt werden müssen, sondern als Ganzes recycelt werden können und aus nachwachsenden Rohstoffen sind, nicht auf Mineralölbasis. Schwald erklärt auf dem INGEDE-Symposium aktuelle Trends in der Produktverpackung: Welche Alternativen zu Plastik will der Markt, welche nicht?
„Der Endverbraucher darf nicht mit dem Separieren von Materialien belastet werden, er muss es so bequem und einfach wie möglich haben – nur so ist ein Recycling gewährleistet“, sagt Schwald.
Der Lebenszyklus von Papierverpackungen – wieviel Plastik brauchen wir noch?
Urban Buschmann war bei FRoSTA der Vater der Papiertüte für Tiefkühlgemüse. Bei der Entwicklung eines zellstoffbasierten Materials müssen viele Aspekte beachtet werden: Wasser- oder Ölbeständigkeit, Wasserdampfdurchgang mit Austrocknung bzw. Befeuchtung des Produktes, Sauerstoffbarriere mit oxidativen Veränderungen mit Fett-Ranzidität oder Verfärbung von Tomatenrot. Auch die Dauer und die Lagerbedingungen spielen beim Nutzen von Papier eine wichtige Rolle. Buschmann erklärt, wie die Fülle der potenziellen Probleme die Entwickler zu unkonventionellen und bisher nicht betrachteten Lösungen insbesondere bezüglich der Barrierewirkung der Verpackung zwingen.
Es zeigen sich große Potentiale für den Einsatz von papierbasierter Verpackung – und dass es eine Entlastung der Umwelt von Mikroplastik geben kann.
DIHK aktualisiert „Umgang mit Verpackungen in Europa“:
Die wichtigsten Regelungen für derzeit 25 Länder auf einen Blick
Bagatellgrenzen, Meldepflichten, Recyclingquoten: Wie die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die novellierte EU-Verpackungsrichtlinie umgesetzt haben und was in weiteren europäischen Ländern gilt, beschreibt die Deutsche Industrie- und Handelskammer in einer frisch überarbeiteten Veröffentlichung.
PFAS in Verpackungen?
Der Blaue Engel für Druckprodukte UZ-195 verlangt in der neuesten Ausgabe die Vermeidung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), die als Abriebschutz in Druckfarben verwendet werden. Sie werden für Lebensmittelpapiere und -verpackungen als Imprägniermittel verwendet; das in Zürich beheimatete Food Packaging Forum sorgt sich zwar um die Migration von Chemikalien aus Recyclingpapier in Lebensmittel, zum Thema PFAS („macht Papier wasser- und fettbeständig“) heißt es in einem „Fact Sheet“ lapidar: „Die erweiterte Funktionalität von Papier- und Kartonverpackungen kann auf Kosten der chemischen Sicherheit gehen.„
INGEDE-Symposium: Wie verbessert man Image und Einsatz von Recyclingpapier?
Was ist eigentlich der Nutzen von Recycling? Mit dem Einblick in den ersten regionalen Closed-Loop-Betrieb, das Konzept des nationalen und internationalen Fiberloop-Papiers möchten Sarah Lesting und Matthias Elsweier, Leipa auf dem Symposium mit Beispielen für in die Praxis umgesetzte Konzepte begeistern: Von recycelten Fasern bis zum Fabrikstandort, von neuen Papierprodukten bis hin zu einem Drucker und der Förderung der Recycling-Regionalität als Hauptschwerpunkt zeigt LEIPA in Partnerschaften, also Best Practices. Darüber hinaus werfen wir einen 360-Grad-Blick auf die Verbraucheranforderungen an recycelte Inhalte und wie wir die Komplexitäten der Abfalltrennung vereinfachen können.
Künstliche Intelligenz auch bei der Altpapiersortierung
Weitere Vorträge beim Symposium beschäftigen sich mit der Optimierung der Qualität des Rohstoffs Altpapier: Mit der Zertifizierung von Sortieranlagen, verschiedenen Kamerasystemen und verbesserter Regeltechnik zur Optimierung der Ausbeute in der Papierfabrik.
TrueCircle installiert AI-Kamerasysteme auf Papiersortieranlagen, die kontinuierlich und in Echtzeit die exakte Zusammensetzung von 100 % des ein- und ausgehenden Materials auf dem Band überwachen (Kategorisierung in detaillierte Fasersorten wie Zeitungen, Zeitschriften, Karton, Graupappe, weißes Papier etc.).
Orientierung im Dschungel der Messmethoden
Der Trend zu mehr faserbasierter Verpackung und die Novellierung der EU-Verpackungsverordnung haben große Aufmerksamkeit auf Prüfmethoden und Bewertungsschemata zur Rezyklierbarkeit gelenkt. Ihre Vielfalt ist allerdings selbst für Fachleute unübersichtlich. Wie spielen die Methoden der INGEDE, Cepi, der Institute, der Allianz 4evergreen und genormte Prüfverfahren zusammen, und wo bestehen noch „weiße Flecken“? Kann die neue CEPI-Methode Bewährtes ersetzen? Antworten hierzu liefert Andreas Faul von der INGEDE.
Unser Wald ist Berlin – Unser Papier heißt Regio Loop
UmDEX über eine eigene Marke und ein nachhaltiges Vertriebskonzept für Recyclingpapier
Klimawandel durch Digitalisierung
Belastet das Medium Print die Umwelt stärker als die digitalen Pendants? Das wollen uns Unternehmen weismachen, gerade wenn sie viel Post versenden. Oft weisen sie explizit darauf hin, dass die Druckerzeugnisse ihrer Unternehmenskommunikation durch digitale Alternativen „umweltfreundlich“ ersetzt wurden. Doch diese Argumentation ist meist falsch. Die Nutzung des Internets ist nicht per se umweltfreundlich, sondern belastet in erheblichem Ausmaß das Klima.
Guido Schmidt hat bei UmDEX eine Reihe von Zahlen und Argumenten zusammengestellt, darunter eine Studie des VDMA-Fachverbands Druck- und Papiertechnik (siehe auch unten).
Über die Studie berichtet auch TwoSides Österreich.
Wie hoch der Datenhunger der Größten ist, illustriert ein Bericht der Süddeutschen Zeitung: Jährlich 15 Mrd Euro kostet es EU-Netzbetreiber, das Datenvolumen von Meta, Netflix, Amazon, Google und Apple umzuschlagen, beklage Orange-Chefin Christel Heydemann beim Mobile World Congress. Sie beanspruchten 55 % des gesamten Daten-Verkehrs. Telko-Konzerne wollen die Tech-Riesen schon länger zur Kasse bitten.
Das Blaue vom Himmel:
INGEDE fordert EDEKA auf, den Aufdruck "recycelbar" von den blauen Kassenzetteln wegzulassen
Nach EDEKA setzen auch Lidl, Obi, Netto und etliche kleinere Geschäfte vom Schreibwarenladen in München bis hin zum Biergarten in Schmilka auf die blauen Kassenzettel („Blue4est“). Diese werden beworben mit dem Aufdruck „über das Altpapier zu entsorgen und recycelbar“. Diese Behauptung ist allerdings nur bedingt richtig: Die Kassenzettel enthalten große Mengen schwarzer Farbe, die sich beim Recycling nicht entfernen lässt, und schon in geringen Mengen massiv die Helligkeit von Recyclingpapier beeinträchtigen kann.
Bei der Herstellung von Wellpappe, so der Hersteller von Blue4est, störten die Kassenzettel nicht, allerdings landen längst nicht alle bei der Sortierung auch wirklich bei den Verpackungen. Zu viele gelangen mit anderen kleinen weißen Papieren in diejenigen Fraktionen, aus denen Papierfabriken bisher weißes Altpapier gemacht haben — diese sind inzwischen für die Herstellung neuer grafischer Papiere unbrauchbar.
Nach langen Diskussionen mit dem Hersteller wendet sich die INGEDE jetzt an EDEKA mit der Bitte, auf die Rezyklierbarkeits-Behauptung zu verzichten. EDEKA, überrascht von der eigentlich lange bekannten Problematik, hat eine Prüfung zugesagt.
Eine umfangreiche Untersuchung der INGEDE zu den neuen, farbentwicklerfreien Kassenzetteln („Ökobon“) belegte Beobachtungen, über die hier schon mehrfach berichtet wurde (INGEDE News Februar 2020): Die blauen Kassenzettel dürfen entgegen den Behauptungen von Lidl, Edeka & Co. nicht ins Altpapier!
Kein Blauer Engel für die blauen Bons: Siehe INGEDE News Juni 2022
Ein einziger Kassenzettel (1,5 Gramm) genügt nach aktuellen Untersuchungen der INGEDE, um drei Kilogramm weißen Altpapiers gleich um drei Punkte in der Helligkeit zu verschlechtern, da sich der schwarze Farbstoff beim Recycling nicht ausreichend entfernen lässt.
Schon 2019 zeigten Experimente, dass sich die schwarze Farbe aus den blauen Kassenzetteln beim Recycling nicht entfernen lässt. Doch die Suche nach einer recyclingfreundlicheren Lösung brachte noch kein Ergebnis. Im Gegenteil – inzwischen ist auch ein Wettbewerber auf den Zug mit der schwarzen Farbe aufgesprungen.
Stimmt und stimmt nicht:
Ja, der blaue Kassenzettel enthält keine chemischen Farbentwickler. Aber nein, der blaue Kassenzettel sollte auf keinen Fall mit dem Altpapier entsorgt werden! Der schwarze Farbstoff führt zu massiven Helligkeitsverlusten beim Recycling.
Deshalb: Blaue Kassenzettel („Ökobon“) gehören wie alle anderen Thermopapiere in den Restmüll!
UP = undeinkter Stoff (rechts), DP = deinkter Stoff
Papierrecycling als Thema:
Die Zukunft von Printprodukten – oeding Print im Interview
Das Thema Papierrecycling und Deinkbarkeit taucht immer wieder in der Fachpresse und in Blogs der Druckbranche auf.
oeding-print sagt, dass die Zukunft von Print grün ist. Lesen Sie dazu das Interview mit Roland Makulla!
Bild: Fischer/INGEDE
„Elektronische Medien sind nur manchmal ökologisch vorteilhaft.“ Unter diesem Titel veröffentlichte der VDMA als Auftraggeber die IZT-Studie zum ökologischen Vergleich von Print- und Online-Medien. Vor der Publikation dieser Studien im Jahr 2012 lagen konkrete Daten über die Umwelteffekte der digitalen Mediennutzung kaum vor. Vor diesem Hintergrund untersuchte das IZT verschiedene elektronische Medien und Druckmedien hinsichtlich ihrer Umweltbelastungen in der Herstellung, Distribution, Nutzung und Entsorgung. Vier Medienvergleiche fanden statt: 1. Buch versus E-Book, 2. Tageszeitung („Die Süddeutsche“) versus Online-Zeitung, 3. Printkatalog („Otto“) versus Online-Katalog, 4. Lehrbuch versus Online-Bibliothek. Mehr dazu hier.
Das 10. Online Print Symposium findet am 23. und 24. März 2023 im Science Congress Center Munich auf dem Garchinger Forschungsgelände (U6 Garching-Forschungszentrum) statt. Das Motto „Empowering the Future of Print“ prägt das Programm des diesjährigen Online Print Symposiums: Die Stärkung und das Wachstum des Onlinedrucks.
Dr. Ralph Dittmann, Geschäftsführer der WKS-Gruppe und Referent beim INGEDE-Symposium 2022, wird über „Nachhaltigkeit im Onlineprint? Innovation statt Verbot!“ sprechen.
Bei den Hunkeler Innovationdays in Luzern präsentieren vor allem Digitaldruckfirmen neue Produkte oft noch vor der Einführung etwa anlässlich der drupa.
Hunkeler Innovationdays (Foto: Axel Fischer)
Springer-Vorstand Döpfner:
Keine Zukunft für BILD und WELT auf Papier
Nach einer u. a. von der Tagesschau aufgegriffenen dpa-Meldung sieht Springer-CEO Mathias Döpfner keine Zukunft für die gedruckten Ausgaben von BILD und WELT.
„Mein Ziel ist, die digitale Transformation zu vollenden und aus Axel Springer ein reines Digitalunternehmen zu machen“, sagte der Döpfner der Nachrichtenagentur dpa.
Die gesamte Meldung lesen Sie u. a. hier auf der Webseite der Tagesschau.
Die im Inkjet gedruckte und deshalb blass wirkende auf Zypern gefundene Zeitung ist nicht deinkbar.
Foto: Axel Fischer
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