Umweltzeichen für Druckprodukte erfordern zuverlässige Testverfahren

Papier ist ein nachhaltiger Rohstoff: Es stammt aus nachwachsenden Ressourcen und kann in der Regel vollständig wieder zu gleichwertigen Produkten recycelt werden. Auf Papier aus der Zeitung von heute wird schon nächste Woche Ihre neue Zeitung gedruckt.

Das funktioniert nur solange das Druckprodukt auch rezyklierbar bleibt – solange sich Druckfarben und Klebstoffe beim Papierrecycling entfernen lassen. Probleme bereiten hier vernetzende Farben (Flüssigtoner von HP Indigo, UV-Farben und -Lacke), aber auch eine Reihe mineraölfreier Farben, wenn die darin verwendeten Öle beim Trocknen vernetzen und sich nicht mehr von den Papierfasern lösen (beispielsweise Sojaöl).

Viele UV-härtende Farben bereiten ebenfalls große Probleme beim Recycling. Ein Druckfarbenhersteller hat in Zusammenarbeit mit der INGEDE auf dem INGEDE-Symposium 2019 eine neue, gut deinkbare LED-UV-Farbe vorgestellt (Pressemitteilung).

Sichere Aussagen erlaubt ein Test nach INGEDE-Methode 11. Dieser Test hat sich inzwischen über Jahrzehnte bewährt und wurde mehrfach optimiert. Die INGEDE-Methode 11 ist Grundlage der Bewertung nach den Scores des Europäischen Altpapierrates (EPRC). Verschiedene Umweltzeichen stützen sich darauf: der Blaue Engel für Druckprodukte (DE-UZ 195), das Österreichische Umweltzeichen (UZ 24), der Nordische Schwan.

Neue Vorgaben beim Blauen Engel für Druckprodukte (DE-UZ 195):

(3.4) „Das hergestellte Fertigerzeugnis muss deinkbar und gegebenenfalls vorhandene Klebstoffapplikationen müssen abtrennbar sein2. Das Produkt muss den Rezyklierbarkeitsanforderungen des Europäischen Altpapierrates (European Paper Recycling Council – EPRC) genügen.
Die zugrunde liegenden Prüfmethoden zur Bewertung der Rezyklierbarkeit von Druckerzeugnissen sind:

  • INGEDE-Methode 11: Prüfung der Deinkbarkeit (Stand Januar 2018)
  • INGEDE-Methode 12: Prüfung von Klebstoffapplikationen (Stand Januar 2013).

Die Bewertungen der Rezyklierbarkeit erfolgen gemäß den Vorgaben des EPRC mit den Bewertungsschemata (Scorecards) für die Deinkbarkeit bzw. die Entfernbarkeit von Klebstoffapplikationen, wobei die verwendeten Druckfarben auf der „Deinkability Scorecard“ des EPRC mindestens 51 Punkte und die eingesetzten Klebstoffapplikationen auf der „Adhesive Removal Scorecard“ des EPRC mindestens 71 Punkte erreichen müssen. Dabei sollen bei jedem Einzelkriterium der INGEDE-Methode 11 (Deinkbarkeit) mindestens 50 % der erreichbaren Maximalpunktzahl erreicht werden. Von der Prüfung nach INGEDE-Methode 12 ausgenommen sind redispergierbare und wasserlösliche Klebstoffapplikationen. Nicht redispergierbare oder nicht wasserlösliche Schmelzklebstoffapplikationen sind ohne Nachweis der Recyclingfähigkeit zulässig, wenn sie gemäß technischem Datenblatt und in der Anwendung folgende Bedingungen erfüllen.

Bei thermoplastischen Klebstoffen:
• Erweichungstemperatur (nach R&B)5: ≥ 68 °C
• Schichtdicke der Klebstoffapplikation: ≥ 120 μm
• Horizontale Ausdehnung der Klebstoffapplikation (jede Richtung): 1,6 mm.

Bei reaktiven Klebstoffen:
• Schichtdicke der Klebstoffapplikation (reaktiver Klebstoff): ≥ 60 μm
• Horizontale Ausdehnung der Klebstoffapplikation (jede Richtung): 1,6 mm.
Weitere Informationen zu Deinkbarkeit und Entfernbarkeit der Klebstoffe sind in Anhang B zu den Vergabekriterien DE-UZ 195 einsehbar.

Sie benötigen eine Deinkbarkeitsuntersuchung mit Bestätigung für eine (Re-)Zertifizierung für den Blauen Engel? Wir testen für Sie und beraten Sie gerne!

FAQ: Häufige Fragen zum Thema Papierrecycling und Deinkbarkeit

Ab in den Restmüll! Sie enthalten Chemikalien, die beim Papierrecycling stören. Das gilt auch für die neuen blauen Kassenzettel (“Ökobon”, “Blue4est”)! Diese enthalten zwar kein gesundheitsschädliches Bisphenol mehr, doch jede Menge löslicher schwarzer Farbe, die beim Recycling die Helligkeit erheblich beeinträchtigen.

Der Deinkingprozess ist beim Papierrecycling eine Senke für Mineralöle. Weil sie wasserabweisend (“hydrophob”) sind, werden sie bei der Flotation zusammen mit den Druckfarben entfernt. Die Migration von Mineralölen ist bei Verpackungen deshalb relevant, weil diese meist aus Alpapier ohne Deinking hergestellt werden.

Was passiert mit dem Schaum? Er enthält nicht nur Farbe, sondern vor allem Fasern. Der größte Teil der Deinkingreststoffe wird daher mechanisch entwässert und in den Kraftwerken der Papierfabriken zur Energiegewinnung verbrannt – zum Trocknen der Papierbahn wird viel Energie beispielsweise in Form von Dampf benötigt.

Aufgrund des Gehalts an Calciumcarbonat und Kaolin (Füllstoffe und Streichpigmente) lassen sich Deinkingreststoffe gut bei der Herstellung von Zement oder Ziegeln nutzen. Kaolin ist Aluminiumoxid (Al2O3) und verbessert die Stöchiometrie bei der Zementherstellung, wenn in einem lokalen Tonvorkommen Aluminium fehlt – für gut abbindenden Zement muss ein bestimmtes Verhältnis von Calcium, Kieselsäure und Aluminium vorhanden sein.

Die enthaltenen Fasern und Feinanteile sind als Porosierungsmittel bei der Ziegelherstellung erwünscht – beim Brennen der Ziegel hinterlassen die Fasern Mikroporen, die die mechanische Stabilität und die Isoliereigenschaften des Ziegels erhöhen. Auch die Verbrennungsasche kann auf diese Weise entsorgt werden.

Ja und nein. Im Prinzip sind die Fasern willkommen. Aber Umschläge können eine Menge unerwünschter Stoffe, vor allem Klebstoffe, mitbringen. Das Kunststofffenster ist kein Thema, da es abgesiebt werden kann. Aber die Klebstoffe sind schwer zu entfernen – und es können viele verschiedene sein: vom Kleber im Fenster, von Briefmarken oder Adressaufklebern und dem selbstklebenden Verschluss. Außerdem haben viele Umschläge einen hellblauen oder grauen Innendruck, gedruckt mit Flexofarben, die nicht entfernbar sind.

Eine definierte Probe eines Druckprodukts (maximale Farbdeckung erlaubt übertragbare Aussagen) wird im Labor in einer Art Küchenmaschine mit Wasser und Chemikalien aufgelöst. Der Papierbrei wird verdünnt; in einer Flotationszelle wird Luft hindurchgeblasen. Der entstehende Schaum enthält die nach oben getragenen Druckfarbenpartikel.

Aus der so gereinigten Papiersuppe werden Muster-Papierblätter gefertigt. An diesen Mustern werden Verunreinigungen, Farbstich und Helligkeit gemessen.

Ja, das Ergebnis eines Deinkingtests kann je nach Papier unterschiedlich ausfallen, hauptsächlich abhängig davon, ob es gestrichen ist oder nicht.

Eine allgemeine Regel gibt es aber nicht. In vielen Fällen verhindert eine gestrichene Oberfläche, dass die Farbe direkt mit den Fasern in Kontakt kommt. Bei oxidativer Trocknung wie bei pflanzenölbasierten Druckfarben können die Druckfarben nicht unmittelbar an den Fasern haften und so zu Schmutzflecken führen. Deshalb sieht man bei mineralölfreien Druckfarben auf ungestrichenem Papier in der Regel viel mehr Schmutzpunkte als auf gestrichenem Papier.

Es gibt jedoch einige Fälle (auch bei UV-Farben, die nicht an den Fasern haften), in denen die raue Oberfläche eines ungestrichenen Papiers die Fragmentierung einer Farbschicht unterstützen und zu kleineren Partikeln führen kann, die sich dann leichter entfernen lassen. Auf gestrichenem Papier bildet diese Farbe möglicherweise eine homogene Schicht, die weniger bruchanfällig ist und zu größeren Fragmenten führt.

Daher ist das Ergebnis eines Deinkbarkeitstests nicht zwischen verschiedenen Papierqualitäten übertragbar. Für ein Umweltzeichen ist ein Ergebnis sowohl auf gestrichenem als auch auf ungestrichenem Papier erforderlich, wenn ein Kunde auf beiden drucken und das Umweltzeichen für beide verwenden möchte.

Je nachdem, welche Papierqualität Ihre Kunden bedrucken, verwenden Sie also das entsprechende Papier für aussagekräftige Ergebnisse.

Fragen Sie! Schicken Sie uns eine E-Mail an fragen(at)ingede.com!