Druckfarben hinterlassen Spuren im Deinkingreststoff
Neue Druckfarben könnten Probleme bei der Verwertung von Reststoffen vermeiden.
Die INGEDE will Pilotprojekt mit neuem chlorfreiem Gelb fördern

Pressemitteilung 01/1996

Der Schlüsselprozess des Papierrecyclings ist das Deinken: Die Druckfarbe wird aus dem Altpapier herausgewaschen (engl. “ink” heißt Druckfarbe). Dabei fallen auch Reststoffe an. Mehr als die Hälfte davon sind natürliche Mineralien wie Kaolin oder Calciumcarbonat. Kaolin ist ein Tonmineral, das vor allem zur Herstellung von Porzellan und Keramik eingesetzt wird. Die bekanntesten Formen von Calciumcarbonat sind Marmor, Schulkreide oder der Kesselstein (Kalk) in der Kaffeemaschine. In der Papierindustrie dienen Kaolin und Calciumcarbonat als Füllstoffe und Bestandteil von Streichpasten – sie füllen die Zwischenräume zwischen den Fasern und machen das Papier so besser beschreib- und bedruckbar.

Neben Kaolin und Kalk enthalten die Reststoffe nicht mehr brauchbare Fasern und die unlöslichen, farbigen oder schwarzen Bestandteile der Druckfarbe, die Pigmente. Diese Reststoffe eignen sich hervorragend als Zuschlag bei der Zement- und Ziegelherstellung. Ihr Faseranteil ist hier besonders willkommen: Im Ziegelofen verbrennen die Fasern und hinterlassen Poren, die den Ziegel leichter machen und seine Isolierwirkung verbessern. Allerdings bereiten Spuren chlorhaltiger Verunreinigungen im Deinkingreststoff bei manchen Verwertungsformen Probleme, ebenso wie Spuren der Schwermetalle Kupfer oder Zink. Quelle der organischen Chlorverbindungen (“OX”) sind bestimmte Druckfarben, die mit dem Altpapier in die Papierfabrik gebracht werden.

Im Auftrag der Internationalen Forschungsgemeinschaft Deinking-Technik (INGEDE e. V.) untersuchte die Papiertechnische Stiftung in München (PTS) den Gehalt an solchen Verunreinigungen: Druckfarben tragen danach im Schnitt 75 Milligramm OX pro Kilogramm Altpapier in den Deinkingprozess ein, denn die erwünschte Anreicherung der Druckfarben beim Deinking führt auch dazu, daß sich Begleitstoffe anreichern, die manche Verwertungswege behindern.

Ein Ersatz durch chlorfreie Druckfarben gestaltet sich je nach Anwendung schwierig. Für gelbe Skalenfarben aller gängigen Druckverfahren werden bisher weltweit chlorhaltige Pigmente eingesetzt. Diese ersetzen seit vielen Jahren die früher üblichen bleihaltigen Gelbpigmente. Verschiedene Firmen haben nun gelbe Pigmente entwickelt, die kein organisch gebundenes Chlor enthalten. Diese bei allen Herstellern ähnlich aufgebauten Pigmente sind vor allem für wasserverdünnbare Farben, für UV-Farben sowie für den lösemittelhaltigen Verpackungsdruck geeignet. Noch hat dieses Pigment allerdings wenig Verbreitung gefunden. Dies hat verschiedene Gründe: Einmal können gelbe Druckfarben mit diesem Pigment nicht alle Ansprüche an den Farbton, die Farbintensität und die Lichtechtheit erfüllen. Daneben steht wie bei vielen Entwicklungsprojekten der noch hohe Preis einer breiteren Anwendung entgegen.

Die INGEDE bemüht sich darum, mit einem Hersteller und einem größeren Anwender ein Pilotprojekt zu initiieren, in dessen Rahmen verschiedene Anwendungsaspekte wie auch die Auswirkungen auf das Deinking und die anfallenden Reststoffe untersucht werden sollen. Derzeit laufen Gespräche mit einer großen Umweltschutzorganisation, die ihre Druckerzeugnisse möglichst chlorfrei herstellen lassen will. Erste Ergebnisse zu Druckversuchen werden in den nächsten Monaten erwartet.

Noch nicht geklärt ist allerdings eine Gesamtbilanz dieser Pigmente: Möglicherweise werden scheinbare Umweltvorteile, die der Verzicht auf Chlor bringt, durch die aufwendigere Synthese ausgeglichen oder sogar überkompensiert.

Die INGEDE ist ein Zusammenschluss führender europäischer Papierhersteller mit dem Ziel, die Verwertung von Altpapier zu fördern und die Rahmenbedingungen für einen erhöhten Altpapiereinsatz zu verbessern.

15. März 1996